Hip und heilig
Holyrood Distillery
Die schottische Hauptstadt Edinburgh ist zweifellos eine Reise wert – und was wäre eine Reise nach Schottland ohne den Besuch (mindestens) einer Whiskydestillerie? Bis 2019 musste man zu diesem Zweck wenigstens den 25 Kilometer langen Weg bis zur Glenkinchie Distillery auf sich nehmen. Seither kann man erleben, wie die lange und bewegte Geschichte der Whiskyproduktion in Schottlands Hauptstadt durch die Holyrood Distillery auf innovative und spannende Weise fortgeschrieben wird.
Sie trägt einen wahrlich ehrfurchtgebietenden Namen, die Holyrood Distillery. Der Name „Holyrood“ heißt übersetzt „heiliges Kreuz“. Übernommen wurde er vom unweit der Distillery entfernt gelegenen Holyrood Palace, der offiziellen Residenz der Monarchie des Vereinigten Königreichs in Schottland. Der Palast wiederum hat seinen Namen von einem Kloster, aus dessen Gästehaus er einst hervorgegangen ist. Die Abtei von Holyrood wurde 1128 von König David I. gegründet und gehörte bis zu ihrer Auflösung in der Reformationszeit zu den bedeutendsten Klöstern des Landes.
Trotz ihres altehrwürdigen Namens sprüht die Holyrood Distillery förmlich vor Innovationsdrang und Experimentierfreudigkeit. Ins Leben gerufen wurde sie vom gebürtigen Kanadier Rob Carpenter, der zuvor schon den kanadischen Zweig der Scotch Malt Whisky Society gegründet hatte und dabei auf seine langjährigen Erfahrungen im Whisky-Business zurückgreifen konnte. Nach mehrjähriger Planung konnte die Holyrood Distillery 2019 in Betrieb genommen werden und zählt seither allein schon aufgrund ihrer Lage zu den meistbesuchten schottischen Destillerien.
Erreichbarkeit / Öffnungszeiten
Wer als Tourist nach Schottland reist, kommt mit großer Wahrscheinlichkeit auch nach Edinburgh. Insofern hat es die Holyrood Distillery leicht, es ihren Besucherinnen und Besuchern leicht zu machen: Es gibt wohl keine andere schottische Destillerie, die leichter zu erreichen wäre. Mit Ausnahme des Montags ist sie täglich geöffnet, allerdings – den Gepflogenheiten eines touristischen Zielpublikums entsprechend – erst ab dem späten Vormittag, näherhin ab 11:30 Uhr. Geschlossen wird sie jeweils um 19:00 Uhr, mit Ausnahme des Sonntags, an dem bereits um 18:00 Uhr Schluss ist.
Bewertung: Gut
Ambiente / Erster Eindruck
Die Verbindung von Alt und Neu, von Innovation und Tradition, wird in der schottischen Whiskyindustrie generell hochgehalten. In der Holyrood Distillery ist sie aber mehr als nur ein Schlagwort, wie man ihr schon äußerlich ansehen kann: Die Ergänzung des historischen Gebäudes durch ein modernes Besucherzentrum ist ästhetisch hervorragend gelungen. Was man sieht, macht neugierig, macht Lust, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Man wäre allerdings gut beraten, gerade im Eingangsbereich etwas mehr auf Ordnung und Sauberkeit zu achten.
Bewertung: Gut
Team
Jung, hip und voller Enthusiasmus – das Team der Holyrood Distillery weiß ebenso zu überraschen wie zu unterhalten. Was für Touristen, die neben den Hauptsehenswürdigkeiten und diversen Andenkenläden auch noch eine Whiskydestillerie besuchen, gerade recht ist, mag echte Whisky-Enthusiasten vielleicht ein wenig ernüchtern, wenn nicht sogar enttäuschen. Letztere sollten also nicht allzu viel an historischem oder technischem Fachwissen erwarten. Gleichwohl wird man dem Team der Holyrood Distillery eines nicht absprechen können: dass es voll bei der Sache ist.
Bewertung: Gut
Angebote
Wie in vielen neuen Destillerien wird auch in der Holy-
rood Distillery nicht nur Whisky, sondern auch Gin produziert. Dementsprechend gibt es zwei verschiedene Führungen: eine „Whisky and Gin Tour“ und eine „Whisky Tour and Tasting“. Beide Führungen dauern inklusive der jeweiligen Verkostung etwa eine Stunde. Erstere beinhaltet die Verkostung eines Willkommensdrinks, eines Gins sowie eines New Make, also eines künftigen, ungereiften Whiskys, und kostet 18 Pfund pro Person, Letztere die Verkostung von vier verschiedenen Sorten New Make und kostet 25 Pfund.
Bewertung: Gut
Gastronomische Versorgung
Zur Destillerie gehört eine kleine, schicke Bar, die zugleich auch als Tastingroom genutzt wird, sowie – allerdings nur in den Sommermonaten – „The Courtyard“: Sitzgelegenheiten im Freien, an denen nicht nur Getränke serviert werden, sondern auch eine (allerdings recht bescheidene) Auswahl an „Street Food“. Die Getränkeauswahl umfasst einige wenige Gins und Whiskys, diverse Biere, Cocktails sowie die allgemein üblichen Heiß- und Kaltgetränke. In der Umgebung mangelt es allerdings nicht an Lokalen, in denen man anderweitigen kulinarischen Gelüsten nachkommen kann.
Bewertung: Gut
Distillery Shop
Er ist klein, aber für seine Verhältnisse üppig bestückt. Man findet hier die üblichen Merchandising-Artikel: T-Shirts, Schlüsselanhänger, Verkostungsgläser, Geschirrtücher usw. Bemerkenswert ist die opulente Auswahl an verschiedenen Sorten New Make und – zumindest zeitweilig – auch an Spirit Drinks, wobei es sich um unvollständig gereiften künftigen Whisky aus verschiedenen Fasstypen handelt. Die Halbliterflaschen verraten auf ihren Etiketten alles, was man über ihren Inhalt wissen will, ja wissen kann. Aber Achtung: Man akzeptiert ausschließlich Kartenzahlung.
Bewertung: Sehr gut
Preis-Leistungs-Verhältnis
Edinburgh als touristischer Hotspot Schottlands ist ein alles andere als preiswertes Pflaster, und dementsprechend geht es auch in der Holyrood Distillery nicht billig zu. Sowohl für die Führungen als auch alles, was man im Distillery Shop käuflich erwerben kann, werden vergleichsweise hohe Preise aufgerufen – zumal das, was man dafür bekommt, noch keinen Whisky beinhaltet. Wenn man allerdings ein „Whisky-Tasting“ zur Tour für 16 Pfund hinzubucht und dafür New Make mit Cola, New Make mit Irn Bru sowie einen Gin serviert bekommt, fühlt man sich glatt betrogen.
Bewertung: Ausreichend
Fazit
Muss man als Liebhaber schottischen Whiskys die Holyrood Distillery besucht haben? Nicht unbedingt. Aber wenn man schon mal in Edinburgh ist – und wer Schottland besucht, kommt fast immer durch Edinburgh – sollte sich nicht davon abhalten lassen, auch hier einmal vorbeizuschauen. Von Vergleichen mit klassischen Whiskydestillerien wie Glengoyne oder Strathisla sollte man dabei allerdings besser absehen, denn sowohl die Geschichte und Tradition als auch der Anspruch und vor allem das Zielpublikum sind schlichtweg nicht miteinander vergleichbar.
Gleichwohl vermag das, was man in der Holyrood tut, zu überzeugen. Denn man tut das, was man tut, mit spürbarer Überzeugung. Und dazu gehört eben nicht nur das Bestreben, eine möglichst große Bandbreite an guten Whiskys (und Gins) zu produzieren, sondern den Besucherinnen und Besuchern der Destillerie zudem ein Potpourri an spannenden Erlebnissen und vielfältigen Genüssen zu bieten. Dass man dabei, ganz nebenbei und unverkrampft, in die nicht minder vielfältige Geschichte der schottischen Hauptstadt hineinschnuppern kann, ist durchaus mehr als nur Beiwerk.
Mystery DistilleryCheck
Holyrood Distillery | |||
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Testurteil | 2,1 | ||
Erreichbarkeit / Öffnungszeiten | 2 | ||
Ambiente / Erster Eindruck | 2 | ||
Team | 2 | ||
Angebote | 2 | ||
Gastronomische Versorgung | 2 | ||
Distillery Shop | 1 | ||
Preis-Leistungs-Verhältnis | 4 | ||