Die besten Dokumentationen über Whisk(e)y

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Für alle, die mehr über das Thema Whisky erfahren wollen, gibt es zahlreiche multimediale Möglichkeiten: Neben dem Whiskybotschafter gibt es etliche Bücher, Websites, Podcasts und Foren, in denen man sich informieren, weiterbilden oder einfach nur unterhalten lassen kann. Eine weitere Möglichkeit, wie Enthusiasten tiefer in die Welt des Whiskys eintauchen können, sind auch Dokumentarfilme, vorgestellt von unserem Autor Daniel Wagner.

 

In den vergangenen Jahrzehnten gab es hin und wieder bereits Reportagen und Dokumentationen, die einzigartige Einblicke in die Branche, die Menschen und die Geschichten hinter dem Getränk boten. Bereits in den 70er- und 80er-Jahren konnte man erste kleine Magazinbeiträge in den dritten Fernsehprogrammen entdecken. Nach der Jahrtausendwende kamen auch erste Langfilme dazu, etwa ON THE WHISKY TRAIL: THE HISTORY OF SCOTLAND’S FAMOUS DRINK (2003) oder WHISKY – THE ISLAY EDITION (2011). Doch erst mit dem neu entfachten Hype der letzten 10 bis 15 Jahre häuften sich Dokumentationen in Spielfilmlänge über Whisky, dessen Herstellung und die Menschen dahinter. Deshalb soll der Fokus dieses Textes auch auf Produktionen der letzten knapp 10 Jahre liegen.

 

In der vom schottischen Schauspieler und Whisky-Enthusiasten David Hayman moderierten dreiteilige BBC Scotland-Serie SCOTCH: THE STORY OF WHISKY (2016) wird die Geschichte des Whiskys von seinen bescheidenen Anfängen in mittelalterlichen Klöstern bis zu seinem Status als globales Luxusprodukt beleuchtet. Hayman reist nach Schottland, Irland, Japan und in die Vereinigten Staaten, um die jeweilig einzigartigen Eigenschaften des Whiskys jeder Region zu erkunden und die Menschen zu treffen, die ihn herstellen. Auf dem Weg erfahren die Zuschauer etwas über die Wissenschaft der Whiskyherstellung, die Auswirkungen der Prohibition und die kulturelle Bedeutung der Spirituose.

 

Einigen regelmäßigen Besuchern von Whisky-Messen dürfte wohl zumindest das DVD-Cover der Dokumentation SCOTCH: A GOLDEN DREAM (2018) vertraut sein. Denn hierbei handelt es sich um eine der ganz wenigen Whisky-Dokumentationen, denen ein deutscher Heimkinostart und damit auch eine deutsche Synchronisation vergönnt war. In der Doku kommen zahlreiche Ikonen der Branche zu Wort, allen voran Jim McEwan, der als eine Art Whisky-Gott dargestellt wird. Sein Lebens(ver)lauf dient dabei als roter Faden. Der auf Islay geborene McEwan war lange Zeit in verschiedenen Positionen bei Bowmore tätig, bevor er später zu Bruichladdich wechselte, um der damals am Boden liegenden Destillerie wieder zu neuem Glanz zu verhelfen. Die Doku ist dabei gespickt mit zahlreichen persönlichen Anekdoten der Protagonisten, aber auch mit den verschiedenen Bereichen der Whisky-Herstellung. So gibt es etwa Kapitel zur Ernte über die Fermentation bis hin zur handgefertigten Flaschenherstellung von absoluten Premiumwhiskys. Außerdem beleuchtet der Film in immer wieder eingestreuten kleinen Exkursen interessante Randerscheinungen und Phänomene rund um unser aller Lieblingsgetränk. So wird nicht nur die bekannte Berufsbezeichnungsvorsilbe „Master“ entzaubert, sondern auch erörtert, warum Frauen eigentlich die besseren Whisky-Experten sind, was es für Unterschiede zwischen den internationalen Märkten gibt und wie man eigentlich einen Whisky richtig genießt.

 

Im Jahr darauf erschien die Dokumentation THE AMBER LIGHT (2019), die es in Deutschland ebenfalls auf DVD geschafft hat und bei Redaktionsschluss auch noch auf Netflix abrufbar war. Diese begleitet den Autoren und „Keeper of the Quaich“ Dave Broom (der u. a. auch in der erwähnten BBC-Dokureihe zu Wort kam) auf einer Reise durch die Geschichte des schottischen Whiskys. Die oft auch sehr persönliche Dokumentation ist dabei nicht nur eine sehr entschleunigte (aber nie langweilige) Liebeserklärung an das Wasser des Lebens, sondern auch an die Menschen, die diese form(t)en und pfleg(t)en. Neben Historikern, Barkeepern, Musikern und Schriftstellern kommen auch einige Master-Blender und Distillery-Manager zu Wort. Was macht den Mythos Whisky aus und welche Orte, Menschen und Geschichten sind damit verbunden? Mit all diesen Fragen beschäftigt sich der sehenswerte Whisky-Road-Movie, der ohne starre Dramaturgie eher leichtfüßig vor sich hintreibt.

 

Eine deutlich klassischere Struktur hat dagegen die sonst sehr ähnlich gelagerte Dokumentation THE WATER OF LIFE (2021). Auch hier stehen zwar die Menschen, Orte und ihre Geschichten im Vordergrund, jedoch weniger aus Sicht von Kreativen (Autoren, Künstler, Musiker), sondern eher aus Erfahrungen der Macher. Die Doku macht die in den vergangenen Jahren erneut aufflammende Faszination und Leidenschaft für Scotch dadurch noch einmal etwas verständlicher und auch greifbarer. Und auch hier dient, genau wie in SCOTCH: A GOLDEN DREAM, die Geschichte von Jim McEwan und der Bruichladdich Distillery als dramaturgischer Aufhänger.

 

Dass nicht nur Scotch eine faszinierende Geschichte hat, zeigt ein Blick über den Großen Teich. Dabei merkt man den amerikanischen Dokumentationen nicht nur den Unterschied zwischen Scotch und Bourbon in der Herstellung und der Geschichte an, sondern auch in der Erzählweise der Filme. So steht in NEAT: THE STORY OF BOURBON (2018) etwa weniger die leidenschaftliche, sondern eher die geschäftliche Seite der Bourbon-Produktion im Vordergrund. Der Film taucht dabei in die Geschichte des American Whiskey ein, von seinen Wurzeln im amerikanischen Süden bis zu seinem aktuellen Status als erneut boomende Industrie. Interviews mit Brancheninsidern, darunter Brennmeister und Markenbotschafter, geben Einblicke in die Herausforderungen und Vorteile eines erfolgreichen Whiskeygeschäfts. Dabei gehen die Macher auch auf die Bedeutung des Bourbons in der amerikanischen Kultur und die Debatten um seine Authentizität und regionale Identität ein. In CHASING WHISKEY (2021) wird hingegen die umfangreiche Geschichte von Jack Daniel’s beleuchtet. Dabei begaben sich die Macher auf eine fast 100.000 Kilometer lange Reise durch fünf Länder.

 

Wer nicht ganz so viel Zeit hat, sich einen kompletten Spielfilm zu Gemüte zu führen, dem seien noch zwei sehr sehenswerte Kurzformate empfohlen, die auch beide (im Gegensatz zu einigen der Spielfilme) relativ problemlos über Streamingdienste abrufbar sind. Einen sehr unterhaltsamen amerikanischen Beitrag stellt dabei eine Episode der Netflix-Serie UNGLAUBLICHE DIEBSTÄHLE (2021) dar. Die Serie bedient dabei den Hype um die seit einigen Jahren beliebten „True Crime“-Formate. In der sechsteiligen Reihe wird jeweils in Doppelfolgen auf verschiedene spektakuläre Diebstähle geblickt. Neben dem Überfall auf einen Geldtransporter in Las Vegas und der Entführung eines Flugzeugs behandeln die letzten beiden Folgen mit dem Titel THE BOURBON KING den als „Pappygate“ bekanntgewordenen Diebstahl verschiedenster Bourbon-Flaschen und -Fässer aus der Buffalo Trace Destillery im US-Bundesstaat Kentucky. Die Destillerie hatte im Herbst 2013 das Fehlen von u. a. 65 Flaschen der hauseigenen berühmten Marke Pappy Van Winkle 20 Year den Behörden gemeldet. Was sich im ersten Moment wie kein großer Verlust für das Unternehmen anhört, ist aufgrund der Exklusivität des Bourbons jedoch nicht zu verachten. Der „Pappy“ gilt als Bourbon, den alle wollen, aber keiner bekommt. Die nur kleine Auflage im Zusammenspiel mit dem riesigen Andrang hat zur Folge, dass die Flaschen direkt vor Ort verlost werden müssen. Wer davon eine ergattert, könnte auf dem Sekundärmarkt schnell aus dem regulären Einkaufspreis von etwas über 100 Dollar mehrere Tausend machen. Kein Wunder also, dass die Verantwortlichen die Diebe ausfindig machen wollten. Die Suche sollte mehrere Monate dauern und nur durch einen Zufall zum Erfolg führen. Das Spektakuläre dabei: Die Diebe kamen aus den eigenen Reihen…

 

Deutlich entspannter geht es da schon in der Folge FIRST LADY OF WHISKY – SCHOTTLAND AUF NEUEN WEGEN (2021) der Arte-Dokusendung “Arte RE:“ zu. Die halbstündige Reportage begleitet Annabel Thomas – die erste Chefin einer schottischen Whisky-Destillerie. Die Gründerin und CEO von Nc’nean zeigt dabei nicht nur, dass die Branche längst keine rein männliche Domäne mehr ist, sondern sie und ihr Team sind auch Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Da sie dafür mit einigen Traditionen – und damit dem Verkaufsargument Nummer 1 – bricht, wurde sie von Konkurrenten häufig belächelt und angeblich sogar manipuliert. Und auch die pandemiebedingten Einschränkungen, die einige Destillerien hart getroffen haben, spielen in der Reportage eine Rolle.

 

An diesen ausgewählten Beispielen sieht man also, dass Dokumentationen eine einzigartige und spannende Möglichkeit bieten, zahlreiche Einblicke in das Thema Whisky zu bekommen. Egal ob es um die Geschichte und Wissenschaft hinter der Herstellung, das Business oder die persönlichen Geschichten der beteiligten Personen geht, viele der Filme bieten Enthusiasten eine unterhaltsame Zeit.

Autor

Daniel Wagner

Bilder zum Artikel:

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