Ährensachen und Kolbenfresser

Wichtige Getreidearten und Sorten für die Whisk(e)ys der Welt

Noch nie habe er zu einem Thema von Herstellern und deren Distributeuren so wenig nähere Informationen bekommen wie zu diesem. Er habe nach den Gerstensorten gefragt, die heute hauptsächlich gemälzt werden, und nach deren Herkunft. Es habe ihn außerdem interessiert, welche Getreidearten für die Grain Whisk(e)ys der wichtigsten Hersteller am häufigsten (und mit welchen Anteilen) verwendet werden. Derlei aber wird mancherorts als eine „vertrauliche Information“ gehandelt. So wurde „Getreide“ ein schwieriges Thema für Autor Karl Rudolf.

 

Ob Whisky oder Whiskey, ob nun europäischer,  amerikanischer oder asiatischer Herkunft – alles fällt unter den Oberbegriff Getreidespirituosen. Wer sich näher mit diesem Whisk(e)y-Rohstoff befasst, betritt ein weites Feld. Denn das Wort „Getreide“ steht ebenso wie „Korn“ für die (meist einjährigen) Pflanzen aus der Großfamilie der Süßgräser bzw. auch für deren geerntete Körnerfrüchte. Nicht nur Müller, auch Brauer und Brenner haben buchstäblich die Qual der Wahl. Die sieben Hauptgattungen der Getreide sind in einer kaum noch überschaubaren Zahl von Sorten präsent. Beispiel: Allein die Gerste, das speziell in gemälzter Form wohl wichtigste Whisk(e)ygetreide, wird als Kulturgerste – es gibt auch noch Wildgerste – grob unterteilt in zwei- und in vielzeilige. Ferner wird unterschieden zwischen den jeweils zwei Gruppen der „aufrechten und nickenden Gerste“ sowie der „Sommer- und Wintergerste“. Allein die Sommergerste ist in etwa 300 Sorten zu bekommen, und davon sind nach Expertenmeinung ungefähr 60 fürs Mälzen geeignet. Die Brauer in den Brennereien können sich übrigens nicht an den Gerstensorten orientieren, die ihre nur Bier brauenden Kollegen verwenden: Was nicht über beer zu Whisk(e)y wird, hat enthält üblicherweise zu viel Nitrat, um gutes „Lebenswasser“ zu ergeben.

 

Um die 20 Sorten Gerste werden in Schottland über das Malz zu Malt Whisky. Darunter sind Urformen wie die Sorte Bere zu finden, die auf Orkney und anderen Inseln Schottlands wieder kultiviert wird, jedoch auch neuere Züchtungen wie zum Beispiel die Chariot, die seit Mitte der 1990er angebaut wird. Die Verwendung von Gerste in Bio-Qualität, von „wiederbelebten“ alten Sorten der Gattung Gerste und von zum größten Teil nur regional angebauten Gerstensorten wird logischerweise von den betreffenden Brennereien publiziert – schließlich ist das ein spezielles Merkmal von deren Single Malts. In dem Zusammenhang ist in jüngerer Zeit auch hin und wieder vom „Terroir“ die Rede und von dessen Bedeutung für den Whisky, vornehmlich den Scotch Single Malt.

 

Gerste: die Unentbehrliche
Dieser französische, von dem lateinischen terra (Erde) abgeleitete Begriff wurde bis in die 1920er-Jahre nur für Frankreichs regionaltypische kulinarische  Erzeugnisse – Käse, Fleisch, Fleischwaren, Kräuter, Öle – verwendet, dann aber von den Winzern übernommen. Unter diesem Begriff sind im Weinbau die Eigenschaften eines Weins zusammengefasst, die dessen Trauben aus dem Boden und dem Klima sowie weiteren Gegebenheiten bezogen und in den Wein eingebracht haben. Vom „Terroir“ ist natürlich auch Gerste ebenso wie jedes andere Getreide geprägt – aber die entscheidende Frage bleibt: Wie viel davon kommt im Whisk(e)y tatsächlich noch an? Beim Keltern von Wein werden die Trauben ja nur mehr oder weniger stark ausgepresst und ihr frischer Saft vergoren. Bis aber ein Getreide nur zum new make oder eben zum white dog (USA) destilliert wurde, hat es einige Phasen der Verarbeitung hinter sich: 1. Mälzen, falls es zu Malz werden soll, 2. Maischen, 3. Gären und 4. Destillation. Kaum vorstellbar, dass danach – und zudem nach einem vorgeschriebenen Reifen im Holzfass – im Endprodukt Whisk(e)y noch „Terroir“ riech- oder schmeckbar ist. In einschlägigen Diskussionen werden die Hinweise aufs „Terroir“ im Zusammenhang mit Whisk(e)y jedenfalls mehrheitlich als „Marketing-Gag“ abgetan…

 

Gerste, die erst Braumalz und dann Whisk(e)y oder nur ein Teil dieser Spirituose werden soll, darf nur wenig Stickstoff und einen Wassergehalt von unter  17 Prozent aufweisen. Ihre Eigenschaft, Getreidestärke beispielhaft gut in vergärbaren Zucker umwandeln zu können, macht sie zum wohl wichtigsten Rohstoff für die Herstellung von Whisky wie auch Whiskey. Die Entscheidung für eine bestimmte Sorte hängt also in erster Linie von der Frage ab, wieviel Alkohol sich aus ihr gewinnen lässt. So ergab zum Beispiel eine Tonne der in den 1950ern und 1960ern angebauten Sorte Marris Otter um die 350 Liter Alkohol, die seit 1995 angebaute Chariot rund 100 Liter Alkohol mehr. Es ist folglich offensichtlich, dass bei Neuzüchtungen vor allem der Stärkegehalt und die aus diesem resultierende Ausbeute an Alkohol das erste und oberste Ziel sind und Brauerwunsch entsprechen.

 

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