Zwei Gipfel für Genießer
Arnold André stellt seltene Tabaksorten vor
Es gibt rund 75 Arten von Tabak. Nur zwei davon sind für Tabakwaren geeignet: Nicotiana tabacum und Nicotiana rustica. Von diesen Arten gibt es eine Vielzahl von Sorten, von denen nicht wenige zu Zigarren verarbeitet werden. Deren Aromenspektrum ist breit und bietet für jeden Geschmack Passendes an. Zwei wirklich außergewöhnliche Sorten präsentiert uns das Genussunternehmen und Deutschlands größter Zigarrenhersteller Arnold André. Unser Autor, der Aficionado Karl Rudolf, stellt sie hier vor.
Wie schon die alten Römer mit ihrem Sprichwort De gustibus non est disputandum feststellten, lässt sich über Geschmack zwar nicht streiten. Dennoch steht fest, dass es gute, sehr gute und exquisite Tabaksorten und folglich auch Zigarren in diesen drei Qualitätsstufen gibt. Zur Ersten Tabak-Liga gehört gewiss der Araperique. Diese Bezeichnung basiert zum einen auf dem Rohtabak Arapiraca und zum anderen auf der Methode Perique, mit der die nordamerikanischen Choctaw-Indianer den Tabak auf eine besondere Weise verarbeiteten: Der Blatt für Blatt geerntete Tabak wird nach dem Trocknen von Hand entrippt. Danach wird er in Fässer, die zuvor Whisky (!) enthielten, geschichtet und reift in diesen, unter hohem Druck mindestens ein Jahr lang. Damit der Tabak aber in dieser langen Zeit gleichmäßig fermentiert, muss er mehrfach von Hand umgeschichtet werden. Der in Brasilien angebaute Araperique garantiert dank seiner ungewöhnlich aufwendigen Verarbeitung ein Raucherlebnis, das tatsächlich ein „aufregend anderes“ ist. Mit dem einzigartigen, ausgeprägt würzigen Aroma macht diese Edelsorte als Einlage der Arnold-André-Zigarre Buena Vista Araperique in jedem Format zu einem Hochgenuss.
Buena Vista Araperique ist geprägt von Araperique aus Brasilien, das Umblatt ist Bahia Sumatra aus Ecuador, das Deckblatt ist Connecticut Seed, ebenfalls aus Ecuador.
Neben der Sorte spielt zusätzlich die Verarbeitung des Tabaks eine wichtige Rolle im Spiel um die Exklusivität. Ein Paradebeispiel dafür ist der von vielen Genussrauchern hochgeschätzte Kentucky Dark Fired. Dieser Tabak spielt auch bei der Marke Buena Vista eine der Hauptrollen. Für die Buena Vista Dark Fired Kentucky wird der Tabak auf den schier endlosen Tabakfeldern des US-Bundesstaates Kentucky erst dann gepflückt, wenn die Blätter eine goldgelbe Farbe zeigen. Anschließend werden sie so lange an der Luft getrocknet, bis sie in strahlendem goldgelb leuchten. Doch erst die zweite Trocknung macht sie zu einer Besonderheit: Dazu hängen die Tabakblätter in den barns genannten Räucherscheunen über dem Rauch von schwelendem Feuer aus Eichen- und Hickoryholz. So nimmt dieser Tabak Blatt für Blatt ein einzigartig röstig-rauchiges Aroma an. In der Kombination mit anderen Tabaken wird dank Erfahrung und Können von versierten Zigarrenrollern die exzellente Zigarre mit den rauchigen Aromen und einem Anklang von gerösteten Pekannüssen.
Eine Tradition in Italien
Die Marke Toscano war sicherlich ein Vorreiter des Kentucky Dark Fired Tobaccos in Europa. Es begann damit, dass sich im Sommer des Jahres 1815 ein Sturzregen über Florenz ergoss und auch einen Ballen Zigarren-Tabak komplett durchnässte. Bis dieser wieder trocken war, fermentierte er in feuchtem Zustand weiter und wurde schließlich – da für „gute“ Zigarren vermeintlich nicht nutzbar, aber zum Wegwerfen zu schade – zu etwas billiger angebotenen Zigarren gerollt. Die trafen den Geschmack tausender Florentiner und fanden reißenden Absatz. Ergo baute Erzherzog Ferdinand III. im Jahre 1818 eine neue Fabrik, mit der offiziell die Produktion der Toscano-Zigarren begann.
Die „Seele“ aller Toscano-Zigarren, die in vielen Formaten heute in 77 Ländern erhältlich sind, ist der 100 % fire cured Kentucky-Tabak. Dieser wächst zu 80 Prozent in Italien, der Rest wird aus den USA importiert. Die unteren und mittleren Blätter werden für die Einlage verwendet, die an der Spitze gewachsenen Blätter hingegen werden ausschließlich zu Deckblättern. Bei der Fermentation werden keinerlei Zusatzstoffe verwendet. Der Rohtabak – also die ganzen Blätter – wird nun in destilliertes Wasser getaucht, dann lose zusammengefasst und während seiner Fermentation drei- oder viermal gewendet. Der fertig fermentierte Tabak ist jetzt bereit zum Trocknen. Diese Phase dauert 20 Tage, in denen der Kentucky-Tabak am Feuer trocknet und dabei jenes rauchige Aroma der glimmenden Hölzer aufnimmt, das für die Toscano-Zigarren so typisch ist.
Und jetzt kommen endlich auch mal die Frauen ins Spiel. Gegen deren offensichtliche Benachteiligung im weltweiten Arbeitsmarkt wird Tag für Tag millionenfach protestiert und demonstriert – wenn es allerdings um Zigarren geht, sind gerade die Damen einfach unersetzlich, ganz besonders in Italien: Die Zigarrenrollerinnen („Finger kurz, aber nicht dick – Handteller dünn und flexibel“) waren in Italia bella die ersten Frauen, die nahezu dieselben Rechte in ihren Berufen erlangten wie die Männer. Sämtliche Toscano-Zigarren werden ohne Ausnahme von Frauen gerollt, welche dafür 18 Monate lang ausgebildet wurden. Die gern und völlig zu Recht dem weiblichen Geschlecht zugestandene manuelle Sensibilität und die Geduld qualifizieren die Damen für die Rolle der Roller: Sie müssen das Deckblatt auslegen, die Blätter des fermentierten Tabaks prüfen, „kämmen“ und so arrangieren, dass die Zigarre die richtige Dichte bekommt, müssen das „Puppe“ genannte Einlagebündel bilden und ins zuvor präparierte Deckblatt rollen.
Es hängt also auch von Erfahrung und Können des Menschen – sei es nun eine Frau oder ein Mann – ab, in welche Güteklasse eine Zigarre eingestuft wird. Das Format kann auch eine Rolle spielen bei einer individuellen Bewertung, ebenso ein originelles Verpackungsdesign. Das Wichtigste aber ist und bleibt der Tabak, der die Einlage, also das „Herzstück“ der Zigarre bildet. Zwei solcher Tabake, die ein pures, „aufregend anderes“ Rauchvergnügen garantieren, haben wir hier und jetzt kennengelernt – freilich leider nur in der Theorie. Höchste Zeit also, dass wir uns der Praxis zuwenden…
Dass Frauen nicht nur Kinder in Windeln wickeln, sondern auch edle Tabake zu Zigarren wickeln können, wird vielerorts bewiesen – in der Dominikanischen Republik wie auch in der Toscana.
In der traditionellen Manifatture Sigaro Toscano wird ausschließlich 100% fire cured Kentucky-Tabak verarbeitet. Der Tabak wächst zu 80% in Italien und zu 20% in den US-Staaten Kentucky und Tennessee
Bezugsquelle:
Arnold André – The Cigar Company, Bünde
Bild/Bezugsquelle: Arnold André GmbH & Co. KG (www.arnold-andre.info)
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