HinterGrund

Pot Stills & more

Weltweit gibt es viele verschiedene Arten von Brennblasen, so genannte Stills. Große, seltsam kleine, solche mit langem Hals, mehrstöckige, indirekt oder direkt befeuerte, Hybrid Stills und Lomond Stills. Eine der wichtigsten Unterscheidungen ist jedoch die zwischen batchweise arbeitenden Pot Stills und kontinuierlichen Säulen- oder Coffey Stills. Grund genug für unseren Autor Dr. Heinz Weinberger, die zahlreichen Varianten genauer unter die Lupe zu nehmen.

 

Wenn man sich mit den Vorgängen der Destillation etwas eingehender beschäftigt, fällt einem zuallererst auf, dass sich der Prozess im Lauf der Jahrhunderte nur wenig verändert hat. Zugegeben, die Destillationsapparate mögen heutzutage – im Vergleich zum 18. oder 19. Jahrhundert – zum Teil deutlich größer anmuten, aber im Wesentlichen bleibt das Geschäft mit der Herstellung von Whisky doch so, wie es schon immer war. Im einfachsten Fall verwandelt eine Brennerei ein geschmacklich eher flaches, mäßig starkes und nicht gehopftes Bier (engl. wash) in einen Feinbrand, den new make spirit, indem sie es erhitzt, die Dämpfe verflüssigt, sprich kondensiert und wieder auffängt. Das System funktioniert, weil die Bestandteile der Wash – einschließlich der guten und schlechten, mitunter gar giftigen Alkohole – unterschiedliche Siedepunkte haben. Während sich jeder von ihnen in Dampf verwandelt und den Hals der Brennblase hochsteigt, kann der Destillateur (engl. stillman) diejenigen Dämpfe nach deren Kondensation sammeln, die er zu behalten beabsichtigt und den Rest verwerfen. Klingt nach einer jahrhundertelang bewährten Tradition und eigentlich ganz einfach. Doch das Geheimnis steckt, wie so oft, im Detail. Man kann nämlich auf unterschiedliche Art und Weise, sprich mit verschiedensten Apparaten und Formen, diese Trennung von guten und schlechten, von gewünschten und unerwünschten, von aromatischen und übelriechenden Geruchs- und Geschmacksstoffen erzielen. Je nachdem, welchen Brennapparat man zur Destillation einzusetzen beabsichtigt: eine Pot Still, Säulen- oder Coffey Still, Hybrid Still oder Lomond Still. Jede der hier erwähnten Technologien hat unterschiedliche Eigenschaften, die massiven Einfluss auf den Feinbrand und somit auf den späteren Whisky nehmen können.

 

Pot Stills
Jeder, der schon einmal eine schottische, irische oder japanische Whisky-Brennerei besucht hat, kennt sie: die mehr oder weniger großen, in der Regel polierten, daher meist glänzenden kupfernen Brennkesseln: die Pot Stills. Malt Whisky und der traditionelle irische Whiskey – der Pure Pot Still – werden grundsätzlich in ihnen gebrannt. Im Grunde genommen handelt es sich hierbei um einen Topf (engl. pot), der mit einem nach oben schmaler werdenden Rohr (Hals) verbunden ist und am oberen Ende eine Krümmung den Schwanenhals (engl. swan neck) besitzt, aus dem dann ein ebenfalls verjüngtes Rohr (engl. lyne arm oder lye pipe) in eine wie auch immer geartete Kühleinheit mündet. Im Prinzip gibt es drei verschiedene Formen von Pot Stills. Die meisten sind grob zwiebelförmig (mit oder ohne kugelförmigen Aufsatz), einige laternenförmig, andere wiederum haben eine Birnenform. Form und Größe einer Pot Still haben jedoch einen entscheidenden Einfluss auf den Charakter des New Make Spirits. Während der Topf, also der untere Teil der Brennblase im Wesentlichen ein Behälter für die zu destillierende Flüssigkeit darstellt und das entstehende Destillat weitgehend unbeeinflusst lässt, ist der obere Bereich der Destille – Hals und Kopf, der sog. Rückflussbereich – derjenige, der massiven Einfluss auf den Charakter des Feinbrands nimmt. Daher erscheint es nur logisch, dass jede Destillerie Brennblasen mit identischen Formen besitzt, um einen Feinbrand mit den immer wieder gleichen Eigenschaften zu bekommen. Einige Brennereien haben dabei identische oder zumindest sehr ähnlich geformte Pot Stills für die einzelnen Destillationsgänge, während andere wiederum eine größere Vielfalt aufweisen. Es ist dieser individuelle, für jede Brennerei spezifische Ansatz, der jedem Single Malt seinen Charakter verleiht – seine DNA. Daher gilt: „Never change a running system!“ Soll heißen: Kein einziger Stillman würde es wagen, an dem Design der Brennblasen herumzuspielen und den einzigartigen Charakter seines Whiskys zu verändern oder gar für immer zu verlieren. Die ursprüngliche Form einer Brennblase mag zwar zufällig entstanden sein, wird aber vom Kupferschmied immer dann originalgetreu nachgebaut, wenn sie im Lauf der jahrelangen Abnutzung ersetzt werden muss.

 

Wash- und Spirit Stills
Der Brennvorgang in einer Pot Still läuft batchweise, sprich diskontinuierlich ab, da immer nur eine Charge nach der anderen eingefüllt und destilliert werden kann. Nach Ende der Destillation muss die kupferne Brennblase geleert und sorgfältig gereinigt werden, ehe sie mit der nächsten Ladung Wash oder Low Wines erneut befüllt werden kann. Abgesehen von einigen Ausnahmen (z. B. Glengoyne, Macallan, Lindores Abbey Distillery) sind in den meisten Brennereien die Pot Stills für die erste und zweite Destillation paarweise angeordnet, müssen jedoch nicht – wie bei Aberlour, Glen Elgin oder Glenrothes – alle die gleiche Form aufweisen. Bei der ersten Destillation in der Wash Still werden chemische Verbindungen und Geschmacksstoffe – u. a. Alkohole, Säuren und Ester – von den Heferückständen, anderen Verunreinigungen und einer großen Menge Wasser abgetrennt. Der Prozess beginnt, wenn sich die Temperatur in der Brennblase der Marke von 78°C nähert, dem Siedepunkt des Trinkalkohols Ethanol, neben Wasser der Hauptbestandteil der Wash. Während diese fermentierte Flüssigkeit erhitzt wird, verdampfen die Alkohole und anderen Verbindungen, steigen bis zum Hals der Pot Still auf, passieren das Swan Neck sowie den nachfolgenden Lyne Arm und erreichen schließlich den Kondensator. Man erzielt damit eine Aufkonzentrierung der fermentierten Flüssigkeit von anfangs etwa 5-8 Vol.% auf nunmehr durchschnittlich 20-25 Vol.% Ethanol. Anschließend werden Vor- und Nachlauf aus dem vorangegangenen zweiten Destillationsgang hinzugegeben – die Gesamtalkoholstärke steigt damit auf gut 28-30 Vol.% – und in der zweiten Brennblase, der Spirit Still, erneut destilliert. Hier wird, im Gegensatz zur Wash Still, in Fraktionen gesammelt, sprich: Der hochalkoholische und zum Teil auch giftige Vorlauf wird ebenso wie der schwach alkoholische, aber weitgehend ungenießbare Nachlauf vom Herzstück des Destillationslaufs, dem Mittellauf (engl. heart of the run), abgetrennt. Die Spirit Still ist in der Regel (meist deutlich) kleiner als die Wash Still, die ja bereits einen großen Teil Wasser während der ersten Destillation abgetrennt hat, und so allein durch ihre Größe für den Brennereibesucher meistens sofort erkennbar ist. Doch es gibt Ausnahmen: Bei Glenrothes in der Speyside sind die Größenverhältnisse genau andersherum. Hier sind die fünf Spirit Stills mit einem Fassungsvermögen von je 25.400 Liter im Vergleich zu den fünf je 22.990 Liter fassenden Wash Stills in der Tat um etwa 10 Prozent größer. Ebenfalls um ca. 10 Prozent größer sind die Spirit Stills bei Dailuaine im Vergleich zu den eingesetzten Wash Stills. Wohlgemerkt, wir sprechen hier von den maximalen Kapazitäten, rein theoretischen Werten also, die von den tatsächlichen Füllvolumina – in der Praxis werden die Brennblasen nur zu etwa zwei Drittel bis drei Viertel befüllt – abweichen.

 

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